Theatrale Reise in die deutsche Seele: Von 'A' wie Abendbrot bis 'Z' wie Zerrissenheit
30 Studierende des Studienganges Darstellendes Spiel an der Leibniz Universität Hannover erforschen, befragen und erproben, was es bedeutet, ‚deutsch‘ zu sein. Ist Deutschland superschön? Wer bin ich in diesem Land? Wer sind 'wir'?
Bei der Theaterarbeit geht es um die Suche nach Widersprüchen und Ambivalenzen, um einen innig-ironischen Umgang mit Objekten, Texten und Vorstellungsbildern. Das Projekt wird geleitet von Carmen Grünwald-Waack (Fräulein Wunder AG) und Joachim von Burchard (Theater M 21).
Zu Beginn dienen Begriffe aus dem Wortschatz über „Die deutsche Seele” von Thea Dorn und Richard Wagner (2011) als Ausgangsmaterial für szenischen Versuche. Und Moritz von Uslars journalistischer Studie „Deutschboden. Eine teilnehmende Beobachtung” (2010) entnehmen wir das Titelzitat: „Hey du, superschönes Germany, du!”
Spielgruppe A begab sich auf eine kollektive Deutschlandreise, um mit allen Sinnen dieses schier ungreifbare Thema zu erforschen, das wie Ableger von Grünlilien immer größer und ausufernder zu werden schien. Dabei stießen wir auf Fundstücke jeglicher Art und arbeiteten uns performativ an ‚deutschen‘ Statistiken voller ‚deutscher‘ Zahlen, an ‚deutschen‘ Materialien oder ‚deutschen‘ Strukturen ab – sowie schließlich an uns selbst innerhalb dieses (un)möglichen ‚Wir‘.
Auch in der Spielgruppe B standen die eigenen, persönlichen Gedanken zum Thema Deutschland und Deutsch-Sein im Vordergrund, in Form von Texten, Zitaten und Bildern. Alles, was uns an Material in die Hände fiel – alle Fragen, die Diskussionen aufwarfen, waren erlaubt. Diesen Materialfundus brachten wir in eine für uns passende Reihenfolge und inszenierten so Stück für Stück unsere Szenenblöcke. Und immer wieder ging es um die Herausforderung, wie man sich diesem großen Thema überhaupt auf theatrale Weise annähern kann. Darauf wurden unterschiedliche Antworten gefunden: mal systematisch, mal klischeehaft, mal experimentell, mal frei, mal mit, mal ohne Worte.
Pressestimmen
Wenn die späteren Lehrer diese Erfahrungen in ihren Unterricht einfließen lassen, dürfte es erregte Diskussionen auf eigens dafür anberaumten Elternabenden geben. Aber hey!, das hat was. Die Studentinnen und Studenten zeigen mit ihrer wilden Performance, was das Spiel auf der Bühne eben auch sein kann: eine Möglichkeit, die Sache anders zu machen, ein Versprechen von Freiheit, eine krasse Erfahrung.
Ronald Meyer-Arlt: „Superschönes Germany“ in der Milchbar. Hannoversche Allgemeine Zeitung vom 3.07.2018